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Anspruch des Mieters auf bestimmten Gebrauch?

Nicht selten gibt es auch im Rahmen eines Mietvertrages „betriebliche Übungen“, die quasi zum Vertragsinhalt werden.

Dass dies Grenzen hat, hat das Oberlandesgericht Naumburg in seiner Entscheidung vom 13.04.2021, 1 U 252/20, ausgeführt.

Geklagt hatte eine gewerbliche Autovermietung, die von der Vermieterin unter anderem 30 Stellplätze in einer Tiefgarage angemietet hatte, wo sie ihre Fahrzeuge abstellte.

Da Tickets benötigt wurden, um aus der Tiefgarage herauszukommen, hatte die Vermieterin eine gewisse Menge an Tickets zur Verfügung zu stellen. Im Laufe des Mietverhältnisses wurden allerdings viel mehr Tickets durch die Beklagte ausgehändigt, nämlich ca. 200 wöchentlich und zwar über eine Dauer von ca.10 Jahren.

Die Beklagte stellte die Ausgabe der 200 zusätzlichen Tickets schließlich ein.

Die Klägerin fand dies wenig sinnvoll und war der Auffassung, dass diese Handhabung eine Bindung der Vermieterin zur Folge habe, so dass sie nach Treu und Glauben daran gebunden sei.

Das Landgericht sah dies in erster Instanz ähnlich. Da Vermieterin und Mieterin über viele Jahre das Vertragsverhältnis mit der wöchentlichen Übergabe der Papiertickets gelebt hätten, sei diese Verpflichtung zur ungeschriebenen Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter geworden, weil beide Seiten den Mietvertrag offenbar so verstanden hätten, dass der vertragsgemäße Gebrauch die Übergabe dieser Anzahl von Tickets umfasse.

Die Vermieterin legte Berufung ein und hatte damit Erfolg.

Das Oberlandesgericht war der Auffassung, dass weder der Mietvertrag noch das Gesetz einen solchen Anspruch vorsah, auch wenn dies jahrelang geübte Praxis gewesen sei.

Diese Praxis ging über den Gebrauchsgewährungsanspruch des Mieters hinaus und wurde nicht Bestandteil der vertraglichen Abreden der Mietvertragsparteien.

Eine konkludente Änderung des Vertrags liege hier nicht vor, da dies der vertraglich vereinbarten Schriftform entgegensteht, in dem geregelt war, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen.

Den Anspruch aus Treu und Glauben sah das Oberlandesgericht ebenfalls nicht als gegeben, weil § 242 BGB auch im Falle langfristiger faktischer Übung keine neuen Rechtspositionen in Form von Ansprüche entstehen lässt. Das plötzliche Abweichen der Vermieterin von der bisherigen Praxis war nach Auffassung des Oberlandesgerichts rechtmäßig, weil die Rechtsordnung widersprüchliches Verhalten gestattet. Eine Vertragspartei darf ihre Rechtsauffassung ändern oder eine Begünstigung, auf die kein Anspruch besteht, rückgängig machen.

Dies wäre nur dann missbräuchlich, wenn auf einer Seite ein schutzwürdiges Vertrauen entstanden wäre, das vorrangig ist. Da das Verwendungsrisiko der Mietsache grundsätzlich die Mieterseite trägt, war die Klage abzuweisen.